Kurzinfo Tansania

Neue Staatspräsidentin leitete politischen Wandel ein

Tansania befindet sich weiterhin im Wandel: Nach dem überraschenden Tod von Staatspräsident John Magufuli versucht seine Nachfolgerin Samia Suluhu Hassan seit März 2021, einerseits den trotz Corona enormen wirtschaftlichen Aufschwung und die Entwicklung des Landes weiter voranzutreiben, das Land andererseits aber auch wieder zu demokratischen Verhältnissen und zurück in die internationale Völkergemeinschaft zu führen.

So nahm die Staatspräsidentin beispielsweise im Herbst 2021 an der UN-Klimakonferenz in Glasgow (COP26) teil und forderte dort die Entwicklungsländer auf, ihre Mittel zur Finanzierung von Maßnahmen für den Klimaschutz aufzustocken. Gleichzeitig appellierte sie an die Industriestaaten, den ärmeren Ländern bei der Finanzierung und auch beim technischen Know-how zu helfen. Beim Klimaschutz handele es sich um ein globales Problem, das auch nur global bekämpft werden könne.

Neben der Aufnahme des Dialogs mit den Oppositionsparteien und der Aufhebung des Versammlungsverbots hat Samia Suluhu Hassan auch die Stärkung der Rechte der Frauen und Kinder in den Mittelpunkt ihres Regierungshandelns gerückt. Mehrere zehntausend schwangere Schülerinnen und schulpflichtige junge Mütter, die unter Magufuli wegen ihrer Schwangerschaft die Schulen verlassen mussten, dürfen jetzt an diese zurückkehren. Noch in diesem Jahr soll auch die Allgemeine Krankenversicherung eingeführt werden. Mit der Einführung der Geburtenkontrolle will Hassan sogar ein Tabu-Thema der tansanischen Gesellschaft durchbrechen.  

Teilnahme am weltweiten Kampf gegen die Pandemie

Tansania hat sich auch längst von der Corona-Leugnung und den Verschwörungstheorien Magufulis ("Ausländische Tests und Impfungen haben das Virus überhaupt erst ins Land gebracht") abgewendet und beteiligt sich am weltweiten Kampf gegen die Pandemie.

Offiziell liegt die Impfquote inzwischen bei circa 60 Prozent (mindestens einmal geimpft). Die Erhöhung der Impfquote ist auf die intensiven Bemühungen der Regierung und auch auf die Arbeit von landesweit über 8.000 stationäre und mobile Impfzentren zurückzuführen.

Es besteht keine Reisewarnung des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik Deutschland.

 

Juli 2020: Tansania verlässt die Gruppe der ärmsten Länder der Welt

Für große Aufmerksamkeit in der tansanischen Politik- und Medienszene sorgte Anfang Juli 2020 die Nachricht der Weltbank, dass sie seit dem 1. Juli Tansania erstmals nicht mehr als "Land mit geringem Einkommen" (unter 1.046 USD jährliches Pro-Kopf-Einkommen) einstuft, sondern mit 1.080 USD (2019) in die höhere Kategorie "Land mit mittlerem Einkommen im unteren Bereich" (1.046 USD bis 4.125 USD).

"Eine historische Leistung!"

Der zu diesem Zeitpunkt noch amtierende Staatspräsident John Magufuli kommentierte die überraschende Nachricht mit den Worten: "Ich gratuliere meinen Landsleuten zu dieser historischen Leistung. Wir hatten uns vorgenommen, diesen Status bis 2025 zu erreichen, aber mit großer Entschlossenheit war dies nun bereits im Jahr 2020 möglich. Gott segne Afrika!"

Mit dem Vorstoß in die höhere Kategorie "Länder mit mittlerem Einkommen im unteren Bereich" befindet sich Tansania nun in einer Gruppe mit Kenia.
 

Kritiker: Kluft zwischen Arm und Reich wächst weiter

Tansanische Kritiker relativieren jedoch den wirtschaftlichen Erfolg: Das erfreulich angestiegene durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen sage nichts aus über die gerechte Verteilung der gestiegenen Einkommen. Tatsächlich sei in Tansania die Kluft zwischen Arm und Reich in den letzten Jahren weiter angewachsen. Staatspräsidentin Samia Suluhu Hassan kündigte auf einer Kundgebung zum 'Tag der Arbeit' immerhin die Einführung eines Mindestlohns an.

Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung

Im laufenden Jahr 2023 soll auch eine allgemeine Krankenversicherung eingeführt werden. Gegenwärtig sind 85 Prozent der Bevölkerung nicht krankenversichert. Alle Familien sollen zukünftig einen jährlichen Zuschuss erhalten, um zumindest ein Standardleistungspaket finanzieren zu können. 

Ökonomen: Jetzt bessere Chancen auf dem Kreditmarkt

Ökonomen machen darauf aufmerksam, dass sich durch die höhere Einstufung der Weltbank für die Regierung die Möglichkeit verbessert, an günstigere Kredite zu kommen. Auch könnten sich positive Auswirkungen auf ausländische Investitionen ergeben.
 

Bis Corona konstantes Wirtschaftswachstum von 6-7 Prozent

Tansania zählte trotz seiner wirtschaftlichen Erfolge lange Zeit zu den ärmsten Ländern der Welt. Die vor mehreren Jahren eingeleiteten und von den Geberländern geforderten Strukturreformen brachten dann aber marktwirtschaftliche Verhältnisse und ein deutliches Einsetzen des Wachstums, das trotz der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise mit 6-7 % (zweites Quartal 2019: 7,2 %) auf die Erschließung enormer Bodenschätze wie z.B. Gold, Diamanten, Gas, Nickel, Uran, Erdöl und vor allem Erdgas zurückzuführen war. Auch der Tourismus war in den vergangenen Jahren bis zum Beginn der Corona-Pandemie stark angestiegen und konnte auf ca. 1,5 Millionen Besucher (2018) pro Jahr gesteigert werden.

Aktuelles Wirtschaftswachstum: ca. 5 Prozent

Im Jahr 2021 betrug das Wirtschaftswachstum trotz Corona immerhin noch 4,8 %, was hauptsächlich auf die Bereiche Bau, Transport in der Landwirtschaft und Bergbau sowie laut einer Einschätzung der Bank of Tanzania auf "anhaltende öffentliche Investitionen und einer Normalisierung des globalen Handels und der globalen Investitionen" zurückzuführen ist.

So stieg die Zementproduktion 2022 gegenüber dem Vorjahr um 14,5 Prozent, was vor allem auch auf den Eisenbahn- und Straßenbau sowie auf den Bau des Julius-Nyerere-Wasserkraftwerks zurückzuführen ist. Genannt wurde auch die Zunahme der Telekommunikationsdienste um 30,5 Prozent.

Die Bank of Tanzania verweist außerdem auf die positive Wirkung von "Maßnahmen zur Verbesserung des Geschäftsumfelds und der Kreditvergabe an den privaten Sektor" sowie den stabilen Wechselkurs und die ausreichende Versorgung des Landes mit Nahrungsmitteln.

Gestiegene Exporte konnten Verluste im Tourismus ausgleichen

Die tansanische Wirtschaft profitierte auch von den gestiegenen Exporten, insbesondere in den Bereichen Gold und Cashewnüsse, und konnte damit die Verluste im Tourismus weitgehend ausgleichen. Für das gesamte Jahr 2021 wurde ein Wirtschaftswachstum von 5,0 % prognostiziert.

In 2022 stieg die Zahl der Touristen wieder deutlich an: Reisten zwischen Januar und Oktober 2021 noch 720.000 Touristen nach Tansania, so waren es in den ersten 10 Monaten des Jahres 2022 bereits 1.180.000 Touristen - ein Anstieg um 64 Prozent. Sansibar strebt laut einer Mitteilung von Januar 2023 die Zahl von 850.000 Touristen bis zum Jahr 2025 an.

Laut NBS-Direktor Daniel Masolwa ist der Zuwachs vor allem auf die zahlreichen Initiativen der Regierung zur Ankurbelung des Tourismus zurückzuführen. Als Beispiel nannte er den von der Staatspräsidentin persönlich geförderten Dokumentarfilm 'Tanzania Royal Tour'.
 

Wiederherstellung demokratischer Grundrechte

Während der Amtszeit von John Magfuli bis Anfang 2021 wurde der Abbau demokratischer Rechte im Land scharf kritisiert. Amnesty International, Human Rights Watch und andere Menschenrechtsorganisationen beschuldigten den Präsidenten, oppositionelle politische Gruppen, unabhängigen Journalismus und Nichtregierungsorganisationen zu ersticken und ein zunehmend repressives Regime zu schaffen.

Staatspräsidentin Hassan hat nach ihrem Amtsantritt im März 2021 damit begonnen, die langjährige Zensur abzubauen. So wurde sie im Bereich von Internet und sozialen Medien aufgehoben. Auch das politische Klima im Land, die Bereitschaft zur offenen Diskussion und die Berichterstattung in den unabhängigen Medien haben sich deutlich gebessert. Während Menschenrechtsorganisationen und Oppositionsparteien noch bis Ende 2022 das langsame Tempo der Reformmaßnahmen kritisierten, beschloss Staatspräsidentin Hassan im Januar 2023 mehrere Maßnahmen, die auch von den Regierungskritikern ausdrücklich gelobt wurden:

So wurde das Verbot politischer Kundgebungen für Oppositionsparteien aufgehoben. Restriktive Wahl- und Mediengesetze wurden reformiert und die Überarbeitung der Verfassung angekündigt. Im Januar 2023 gab es in Mwanza die erste Kundgebung der Opposition seit 7 Jahren.

Anfang 2023 kehrten auch mehrere prominente Oppositionsführer, die unter der Präsidentschaft Magufulis verfolgt worden waren und ins ausländische Exil gingen, wieder nach Tansania zurück. Hassan hatte zuvor mit ihnen den Dialog gesucht und ihren Schutz im Falle einer Rückkehr garantiert.  

"Ein friedliches Land"

Der weltweite Global Peace Index 2022 sieht Tansania auf Rang 86 von insgesamt 163 bewerteten Ländern. Dies entspricht zwar, vor allem wegen einer gestiegenen Kriminalitätsrate, einer Verschlechterung um 38 Plätze gegenüber 2021  - Tansania liegt aber immer noch deutlich vor Ländern wie die USA (129). Tansania wird insgesamt als "friedliches Land" eingestuft.