W.E. Mkufya, „Blume des Trostes“

Daressalam im 21. Jahrhundert – ein Kaleidoskop der afrikanischen Gesellschaft in Zeiten von Aids

James Omolo, der feinsinnige Geschäftsführer einer Fischkonservenfabrik, ist im Tandika-Viertel zwar überall dabei und hoch geschätzt, doch niemand kennt ihn wirklich. Mit viel Mühe hält er Menschen auf Abstand, um sein Geheimnis zu wahren.

In seiner Stammkneipe macht plötzlich das Gerücht die Runde, dass Queen, die schönste Frau des Viertels, an Aids erkrankt ist. Ausgerechnet Omolos Nachbar, der egoistische Familienvater Ngoma, war zeitweilig ein Liebhaber Queens und infizierte dabei seine Ehefrau. Die Familie zerbricht. Omolo wird zum Onkel, Nachlassverwalter und Schlichter und immer tiefer in die Schicksale und Ereignisse der Familie involviert.

Der Roman des tansanischen Autors schildert den städtischen Alltag in einem Viertel von Daressalam. Hier treffen westliche Kultureinflüsse auf afrikanische Traditionen, muslimische auf christliche Weltanschauung, weibliche Emanzipation auf selbst gewählte männliche Enthaltsamkeit sowie unterschiedliche Vorstellungen über ein sinnerfülltes Leben aufeinander.

„Die Stadt schwoll an, sie brummte und wucherte chaotisch. Schritt für Schritt schlich sich Aids in dieses Wachstum, nagte an den Wurzeln und kroch in Stamm und Äste hoch.“

Der Autor erzählt, wie Aids Betroffene und Nicht-Betroffene vor philosophische Fragen über die menschliche Existenz, Angst, Tod und Freiheit stellt. Diese Krankheit rührt an den Grundfesten, denn sie legt die Sinnlosigkeit des Lebens selbst frei: „Man wird geboren, man lebt und dann stirbt man. Er sah keinen Nutzen darin, sich in diesem Kreislauf zu befinden. Er betrachtete ihn als kindisches und völlig sinnloses Spiel.“

Das Virus trifft außerdem eine Gesellschaft, die bereits geschwächt ist: In das urbane Leben der tansanischen Metropole Daressalam hielten westliche Kultureinflüsse Einzug. Riten und Traditionen wurden aufgelöst.

„Blume des Trostes“ will die Afrikaner aufrütteln, zu ihrer eigenen Geschichte zu stehen und sich ihrer verlorenen Werten zu besinnen. Es ist ein Roman über den Umgang mit dem Lebenssinn angesichts einer tückischen, meist tödlichen Krankheit, aber auch über Lebenslust, Selbstfindung, Traditionen, Freundschaft und über Abgründe und Höhepunkte der Liebe.

Der Autor William E. Mkufya wurde 1953 in den Usambara-Bergen in Lushoto geboren. Er studierte Physik, Chemie und Biologie und arbeitete anschließend u.a. als Sekundarschullehrer. Er hat bislang fünf Romane und mehr als ein Dutzend Kinderbücher veröffentlicht. „Blume des Trostes“ wurde 2006 in Tansania zum „Buch des Jahres“ gewählt. Seit 1991 ist Mkufya Senior Editor bei Mangrove Publishers in Daressalam und engagiert sich mit Schreibkursen für die Entwicklung der Kinderliteratur in Tansania.

Das sehr empfehlenswerte Buch wurde von Barbara Schmid-Heidenhain, Mitglied des Freundeskreises Bagamoyo e.V., aus dem Kisuaheli übersetzt.

W.E. Mkufya, „Blume des Trostes“
Edition Pamoja, Berlin 2016
344 S., 19,90 EUR

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