Neuer Containerhafen Bagamoyo: Das Projekt liegt auf Eis

Der Bau eines großen Containerhafens und einer Sonderwirtschaftszone in Bagamoyo liegt gegenwärtig aif Eis.

Nach Angaben von Deusdedit Kakoko, Chef der tansanischen Hafenbehörde, hatte die Regierung im Herbst 2019 dem chinesischen Investor China Merchants Holdings Int. das folgende Ultimatum für den Bau des geplanten Containerhafens in Bagamoyo gestellt:

1. Eine Begrenzung des Pachtvertrags auf 33 Jahre (statt 99 Jahre)
2. Keine Steuerbefreiung
3. Kein Sonderstatus für den Kauf von Wasser und Elektrizität
4. Keine geschäftlichen Aktivitäten innerhalb des Hafens ohne Zustimmung der Regierung
5. Freie Entscheidung der Regierung über die Entwicklung anderer Häfen, die in direkter Konkurrenz zu Bagamoyo stehen

Im Juni 2019 hatte Präsident John Magufuli die Pläne zum Bau des Hafens und der angeschlossenen Sonderwirtschaftszone mit dem Verweis auf die Bedingungen der chinesischen Investoren vorläufig zurückgestellt. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Jakaya Kikwete, der 2015 einen Vertrag mit Investoren aus China und dem Oman unterzeichnet hatte (im engen Zusammenhang mit Plänen einer neuen maritimen Seidenstraße), priorisiert  Magufuli offensichtlich einen Ausbau der Häfen in Tanga, Daressalam und Mtwara, um Tansania zu einem eigenständigen regionalen  Wirtschaftszentrum zu entwickeln.

Oktober 2019 - Sommer 2020


Tansanischer Botschafter in China: Hafenprojekt in Bagamoyo ist nur aufgeschoben

Mbelwa Kairuki, tansanischer Botschafter in China, erklärte in Hongkong, dass der Bau des großen Containerhafens in Bagamoyo noch nicht gestrichen, sondern lediglich "auf unbestimmte Zeit ausgesetzt" worden sei. Konsultationen zwischen der tansanischen Regierung und dem Investor China Merchants Port Holdings sollen die vom tansanischen Staatspräsidenten John Magufuli benannten Probleme bei den Vertragsbedingungen klären.

Kairuki bestritt in seinem Gespräch mit Journalisten, dass es sich bei dem Hafenprojekt um eine „Schuldenfalle“ handelt. Im Gegenteil: Investitionen würden Arbeitsplätze, Kapital und Technologie bringen.

Juli 2019


Hafenbau in Bagamoyo infrage gestellt

China ist der wichtigste Handelspartner Tansanias und seit Jahren wird die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern weiter ausgebaut. Höhepunkt der Kooperation war im Jahr 2015 die Grundsteinlegung für den Bau eines großen Containerhafens in Bagamoyo, finanziert aus Mitteln Chinas und des Oman. Die Baukosten wurden mit 10 Milliarden US-Dollar angegeben.

Der Hafen sollte Bestandteil der neuen chinesischen maritimen Seidenstraße werden und sowohl Rohstoffe aus Ost- und Zentralafrika ausführen als auch Fertigprodukte einführen.

An den Hafen sollte sich eine riesige Sonderwirtschaftszone anschließen mit über 100.000 geplanten Arbeitsplätzen im Gebiet zwischen Daressalam und Bagamoyo. Neue Fernstraßen und eine Anbindung an das Eisenbahnsystem waren außerdem im Gespräch.

Doch der mehrfach angekündigte Baubeginn des größten Containerhafens Afrikas verzögerte sich Jahr um Jahr. Und nun ruht er ganz - mit einer erstaunlichen Begründung: Der tansanische Staatspräsident John Magufuli ist offensichtlich nicht bereit, die bereits im Vertrag für den Hafenbau verankerten strengen Bedingungen der Investoren zu akzeptieren.

Protest gegen chinesische Bedingungen

Nach tansanischen Medienberichten soll Präsident Magufuli Anfang Juni 2019 auf einer Sitzung des Nationalen Wirtschaftsrates (TNBC) konkret über die Bedingungen der Investoren gesprochen haben:

Bereits bestehende Häfen zwischen Tanga und Mtwara und die Straße von Mtwara nach Mbamba Bay (Lake Nyasa), die einen Frachtweg in die Nachbarländer eröffnen soll, dürfen demnach nicht gebaut werden. Die Steuerbehörde Tansania Revenue Authority (TRA) muss 33 Jahre lang auf die Erhebung von Steuern oder Abgaben verzichten. Und das Baugebiet soll 99 Jahre lang im Besitz der Investoren bleiben. Magufuli: „Die Investoren wollen unsere Hände binden bei der Entwicklung des Hafens von Tanga, der entscheidend ist für die Öl-Pipeline von Uganda.“

Laut „The Citizen“ hat der Präsident außerdem von möglicher Korruption bei den Kompensationszahlungen an die Bürger von Bagamoyo gesprochen.

Da die jetzige Regierung mit den genannten Bedingungen nicht einverstanden ist, hat Deusdedit Kakoko (Generaldirektor der tansanischen Hafenbehörde) der Nachrichtenagentur Reuters von einem Protestschreiben der tansanischen Regierung an die chinesischen Betreiber berichtet. Die Verhandlungen müssten jetzt neu geführt werden.

Juni 2019


Erneute Verzögerung beim Bau des Hafens und der Sonderwirtschaftszone Bagamoyo

Mit dem Baubeginn des neuen Containerhafens und der Sonderwirtschaftszone von Bagamoyo ist in 2019 vermutlich nicht mehr zu rechnen. January Makamba, Staatsminister im Büro des Vizepräsidenten, antwortete auf die Frage eines Parlamentsabgeordneten, dass immer noch der endgültige Vertrag zwischen China und dem Oman aussteht, die beide das Megaprojekt finanzieren wollen.

Wegen der noch existierenden Unklarheiten würde derzeit auch die Finanzierung eines neuen Hafens in Sansibar durch den Oman stocken.

April 2019



Baubeginn frühestens 2019

Auf Anfrage von Dr. Shukuru Kawambwa (CCM), Parlamentsabgeordneter von Bagamoyo, hatte die Regierung im vergangenen Jahr mitgeteilt, dass vor Baubeginn auch noch Verträge mit privaten Investoren im Rahmen von Private Public Partnership abgeschlossen werden müssten. Mit einem Baubeginn sei daher vermutlich frühestens im Laufe des Jahres 2019 zu rechnen.

Nach monatelangem Stillstand, der schon Anlass gab zu Spekulationen über ein Ende des Projekts, hatte die tansanische Regierung zeitweilig einen Baubeginn für das Frühjahr 2018 angekündigt.

Charles Mwijage, Minister für Industrie, Handel und Investment, gab damals bekannt, dass im Dezember 2017 die finalen Verhandlungen mit den Investoren aus China (China Merchants Holdings International, CMHI) und aus dem Oman (General Reserve Fund, SGRF) abgeschlossen wurden. Das Ende der ersten Bauphase wurde auf das Jahr 2022 datiert.

Neben dem Hafenbau sollten bis dahin in der Sonderwirtschaftszone 190 Fabriken gebaut werden - mit einer Steigerung im Endausbau auf 700. Der dann größte Hafen Ostafrikas soll Platz für die neuen Mega-Containerschiffe bieten und durch neue Straßen und eine neue Eisenbahnlinie erschlossen werden. Genannt wurde die Summe von 10 Mrd. US-Dollar für den Hafen sowie 120 Mill. USD für die Gewerbegebiete, 70 Mill. USD für die Freihandelszone, 50 Mill. USD für Wirtschafts- und Technologieparks, 70 Mill. USD für ein Internationales Business Center, 20 Mill. USD für weitere Industriegebäude und 70 Mill. USD für einen Freizeitpark.

"Finanzielle Engpässe" verzögerten den Baubeginn Zur Behebung finanzieller Engpässe war zwischenzeitlich eine Task Force mit Vertretern des tansanischen Finanzministeriums, der Sonderwirtschaftszone (EPZA) sowie der chinesischen und omanischen Investoren eingesetzt worden, um die weitere Planung vorantreiben.  EPZA-Managerin Grace Lemunge hatte finanzielle Engpässe eingeräumt: Von den Entschädigungen für Landpächter in Höhe von ca. 70 Mill. Euro seien bislang erst ca. 23 Mill. Euro ausgezahlt worden. Es gelte nun weitere Mittel zu akquirieren. Firmen, die in die Sonderwirtschaftszone investieren, wird eine zehnjährige Steuerbefreiung in Aussicht gestellt.


Ende 2015 schien eigentlich schon alles klar

Ende 2015 schien eigentlich schon alles klar: Die Grundsteinlegung für das 11-Milliarden-Dollar-Projekt „Containerhafen und Sonderwirtschaftszone Bagamoyo“ wurde feierlich durchgeführt. Es war die letzte große Amtshandlung von Staatspräsident Jakaya Kikwete in seinem Heimatort und in Anwesenheit von hochrangigen Gästen aus China und dem Oman. Als Baubeginn wurde der Termin Juli 2016 verkündet.

Danach wurde die Lage ziemlich undurchsichtig: China als Hauptinitiator des Megaprojekts steckte mitten in einer Wirtschaftskrise, auch in Kenia gab es einen großen Hafenneubau (Lamu), und es waren Stimmen selbst aus der Regierung zu hören, die zum damaligen Zeitpunkt einen Ausbau bereits vorhandener Häfen (Daressalam, Mwanza, Tanga) bevorzugten – zumal die neue Öl-Pipeline von Uganda nach Tansania in den Hafen von Tanga mündet.

Erkenntnis über große ökologische Probleme?

Vielleicht setzte sich in der konkreten Planungsphase aber auch allmählich die Erkenntnis durch, dass der Bau des Hafens die Bewältigung großer (und damit sehr teurer) ökologischer Probleme bedeuten würde (Mangrovenwälder, Strömungsverhältnisse, Versandungsprobleme etc.). Zudem musste sich der neue forsche Präsident John Magufuli keineswegs wie sein Vorgänger in der Pflicht sehen, sich im Bagamoyo District um jeden Preis das übliche „Denkmal“ zu setzen.

Andererseits waren die vielschichtigen Interessen Chinas an einem Containerhafen in Bagamoyo (Ausfuhr von Rohstoffen, verstärkte Einfuhr chinesischer Waren) und die unbestrittenen Vorteile Tansanias (politische Stabilität, historische Verbundenheit beider Länder) weiterhin vorhanden. Auch konnte der geplante größte Hafen ganz Afrikas nur in Verbindung mit der ebenfalls geplanten riesigen Sonderwirtschaftszone gesehen werden, die den Chinesen über Jahrzehnte einen direkten Draht zu den tansanischen Nachbarländern wie Malawi, Sambia, Ruanda, Burundi und Ostkongo mit guten Verbindungsmöglichkeiten nach Mosambik, Uganda, Kenia, Südsudan, Komoren, Madagaskar und den Seychellen ermöglichen würde.

Der chinesische Traum

Für die Chinesen geht es um nichts weniger als um den „chinesischen Traum“ einer „neuen maritimen Seidenstraße“ von China über das Südchinesische Meer, Indonesien, Malaysia, Indien und Sri Lanka nach Ostafrika, wo der Hafen von Bagamoyo nicht zuletzt auch die Möglichkeit des Transports von Waren über den Suezkanal nach Europa ermöglichen würde.



Verwirrung und Dementis

Anfang Januar 2016 war die Verwirrung komplett und beschäftigte die Medien weltweit: In einem Telefongespräch mit der Tageszeitung „The Citizen“ hatte Verkehrsminister Prof. Makame Mbarawa mitgeteilt, er wolle nicht zu viel über das Schicksal des Bagamoyo-Hafens verraten: „Ich kann nur sagen, dass wir uns gegenwärtig auf die Häfen von Daressalam und Mtwara konzentrieren“, also auf die Häfen, die in der Nähe der Erdgas-Felder liegen.

Bis heute wird dieses Interview als Beleg dafür angeführt, dass der Hafen von Bagamoyo auf Eis liegt. Die Logistik-Experten von der Deutschen Verkehrszeitung (DVZ) schrieben am 25.2.2016: „Bagamoyo steht unter keinem guten Stern“. Ähnliches teilte die deutsche Industrie- und Handelskammer ihren Mitgliedern mit.

Das Dementi der tansanischen Regierung auf den Citizen-Bericht folgte jedoch bereits einen Tag nach der Veröffentlichung und danach herrschte lange Zeit zumindest in der Öffentlichkeitsarbeit der tansanischen Regierung in dieser Frage Funkstille.

Positive Meldungen in arabischen Medien

In China und im ebenfalls beteiligten Oman gingen die Medien jedoch weiterhin von einer Durchführung des Projekts aus. Noch am 23.3.2016 meldeten die Gulf Digital News, das mit dem ersten Bauabschnitt wie geplant in diesem Jahr begonnen werde. Er sei dann 2019 abgeschlossen und der gesamte Hafen dann spätestens 2031 fertig gestellt.

Etwas zurückhaltender war im Frühjahr 2016 Jingtao Boi, Direktor von China Merchants Holdings: „Das Projekt zum Bau eines Mega-Hafens in Bagamoyo in Tansania an der Ostküste Afrikas ist noch im Planungsstadium“ (Martime News v. 13.3.2016).


"Beginn einer industriellen Revolution in Tansania"

Mehrere Vertreter ausländischer Botschaften waren am 16.10.2015 Augenzeuge der Grundsteinlegung des Hafens und damit des historischen Vorgangs, der Tansania die Tür zur weiteren Entwicklung, zur Industrialisierung und damit zum 21. Jahrhundert öffnen soll. Kikwete sprach in seiner Rede vom "Beginn einer industriellen Revolution in Tansania". Es war sicherlich kein Zufall, dass die Grundsteinlegung wenige Tage vor dem Ende der Amtszeit des aus Bagamoyo stammenden Präsidenten erfolgte. An der feierlichen Zeremonie nahmen auch zahlreiche Regierungsmitglieder sowie hohe Repräsentanten von China Merchants Holdings International (CMHI) unter der Leitung von Direktor Dr. Hu Jianhua und von State Government Reserve Fund (SGRF) aus dem Oman unter der Leitung von Sheikh Abdullah Al Saadi teil.

In der ersten Phase des 11 Mrd. USD-Dollar-Projekts, einer Kooperation von Tansania, China und dem Oman, sollte der 800 ha große moderne Containerhafen gebaut werden mit einer noch weiter ausbaubaren vorläufigen Lagerfläche von 8.000 Containern. Eine 1.700 ha große Industriezone und die riesige Sonderwirtschaftszone sollten folgen.


Hoffnung auf die Ansiedlung von 1000 Firmen

Die BBC berichtete, dass die tansanische Regierung auf die Ansiedlung von ca. 1000 in- und ausländischen Firmen hofft.

Experten der drei beteiligten Länder waren im Rahmen einer trilateralen Task Force auch für den Bau eines Eisenbahnanschlusses, eines neuen Highways in Richtung Morogoro, Elektrizität, Wasser, Gas und Kommunikationstechnologie verantwortlich.

Bau der Satellitenstadt Mapinga City

Die Daily News stellte in einer Wochenendausgabe auch bereits den Bau von Mapinga City vor, der geplanten neuen Satellitenstadt zwischen Daressalam und Bagamoyo.

Der Bau von Hafen, Industriezone und Sonderwirschaftszone sollte voraussichtlich zehn Jahre dauern.

Tansanische Regierungsvertreter wiesen darauf hin, das der Bau des Containerhafens von Bagamoyo keineswegs eine Abwertung des hoffnungslos überlasteten Hafens von Daressalam bedeute. Im Gegenteil hätte die Weltbank gerade 600 Mill. USD für ein "Upgrade" des Hafens von Daressalam zur Verfügung gestellt.

Die Bewilligung von insgesamt 11 Mrd. US-Dollar ging auf ein entsprechendes Memorandum of Understanding zurück, das in Anwesenheit des tansanischen Staatspräsidenten am 28.9.2014 in Shenzhen (China) und im November 2014 im Oman unterzeichnet wurde.


2014: Kikwete trifft Xi Jinping in China

Kikwete war 2014 aus Anlaß des 50. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und Tansania nach Asien geflogen und traf dort u.a. auf den chinesischen Regierungschef Xi Jinping.

Zu diesem Zeitpunkt wurden Container noch im Hafen von Daressalam umgeschlagen, dessen Kapazität allerdings bereits 2020 ausgeschöpft sein soll. Beim Containerumschlag wurde in den folgenden fünf Jahren mit einer jährlichen Steigerung von 10 % gerechnet.

Der Hafen sollte den Indischen Ozean vor allem auch mit den rohstoffhaltigen und wirtschaftlich aufstrebenden Nachbarstaaten Burundi, Kongo, Ruanda, Malawi, Uganda und Sambia verbinden. Tansania steht dabei in Konkurrenz zu geplanten neuen Containerhäfen in Kenia und Mosambik.

Aktualisiert im April 2018



Weitere Infos und Links


"Tanzania suspends $ 10B Bagamoyo Port Project"
In: ENR vom 25.6.2019

"Tansania - die Illusion vom großen Aufbruch"
Artikel über die Rolle Chinas in Tansania in der Süddeutschen Zeitung vom 24.7.2015

Kommentar von Rudolf Blauth zum neuen Mega-Containerhafen (2013)

Bartholomäus Grill im SPIEGEL: "Der Drache und der Strauß" (2013)