Joachim Zeller, "Bilderschule der Herrenmenschen"

Christoph Links Verlag, Berlin 2008
256 S., 39,90 EUR

Einige weiße Herren in Tropenanzügen sitzen unter Palmen am Meeresufer und nehmen huldvoll die Geschenke entgegen, die ihnen abenteuerlich gekleidete Farbige vor die Füße legen. Das Reklamesammelbildchen mit dem Motiv stammt aus der Verpackung von Liebigs Fleischextrakt. Es gehört in die Serie „Kolonialgründungen“ aus dem Jahr 1922/23.

Die Szene ist geradezu typisch. Der „weiße Mann“ erscheint als freundlicher, zivilisierter Eroberer. Ganz im Gegensatz dazu die Farbigen, die Neger, Wilden oder Eingeborenen, wie sie damals genannt wurden. Ihre Kleidung ist exotisch und sie wirken geradezu erleichtert, endlich kolonialisiert und zivilisiert zu werden. (...)

Wir sehen ein Bild davon, wie sich die Europäer in Europa ihre Kolonien um die Jahrhundert-wende vorgestellt haben. Es herrschen Klischees und Stereotypen. Immer ist da der kluge, gute und überlegene Weiße. Dagegen steht der wilde, tumbe, oft bösartige "Neger". Mal trägt er den weißen Mann trocken über den Fluss, aber wenn es ihn überkommt, meuchelt er auch hinterrücks. Wenn man Glück hat, tanzt er. Mit den Europäern kommt endlich die Zivilisation, so suggerieren die Reklamesammelbildchen. Und damit rechtfertigen sie das kolonialistische Projekt, sich den Rest der Welt untertan zu machen.

Der Historiker Joachim Zeller hat in seinem Buch "Bilderschule der Herrenmenschen" Hunderte solcher Bilder aus Tütensuppen, Schokoladentafeln und Margarinedosen untersucht. Das Ergebnis ist ein opulenter Bild- und Textband zur deutschen Kolonialgeschichte. (...)

Aus: Udo Marquardt in „Deutsche Welle“ vom 19.12.2008

Der ganze Bericht mit Farbfotos