20.06.20

Pfingstkirchen preisen John Magufuli


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Unter den christlichen und muslimischen Geistlichen, die in den letzten drei Tagen Staatspräsident John Magufuli ausdrücklich gepriesen haben, gehört auch Bischof Evance Chande (Evangelicalistic Assemblies of God Tanzania, EAGT). Als Vertreter der pfingstlich-charismatischen Bewegung dankte er dem Staatspräsidenten am Ende seiner Amtszeit "für seine hervorragende Führung und Leitung". 

In der regierungsnahen Tageszeitung Daily News wird Bischof Chande mit den Worten zitiert: "Aufgrund der Erfolge, die im mehreren Bereichen des Landes erzielt wurden, konnten wir nicht schweigen und haben daher beschlossen, ihn zu seiner großartigen Arbeit in den letzten fünf Jahren zu beglückwünschen."

Lob des christlichen Glaubens von Magufuli

Chande lobte ausdrücklich den christlichen Glauben Magufulis. Er zeigte sich beeindruckt von der Führung Magufulis im Kampf gegen das Coronavirus und den von ihm ausgerufenen dreitägigen nationalen Gebetstagen zu Beginn und am angeblichen Ende der Pandemie in Tansania. Gelobt wurde Magufuli auch als erster Führer Ostafrikas, der die Colleges und Schulen wieder geöffnet hat.

Die EAGT ist eine Freikirche charismatischer Prägung. Mit ihren 2800 Pastoren und über 2 Millionen Mitgliedern gehört sie zu den größten Freikirchen Tansanias.

Der Präsident auf christlich-charismatischer Linie?

Susan Küster analysierte bereits vor einigen Jahren in einer Veröffentlichung (Universität Leipzig) die Besonderheit der pfingstlich-charismatischen Bewegung in Afrika und in Tansania. Ihre Ausführungen könnten durchaus auch dazu dienen, die Politik des gläubigen Präsidenten und seinen Zuspruch in weiten Teilen der Bevölkerung zu verstehen.

Die Frage, was die Bewegung von den etablierten Kirchen unterscheidet, beantwortete Küster in ihrer Arbeit folgendermaßen:

"Pfingstlich-charismatische Gruppen positionieren sich besonders ehrgeizig, Vollständigkeit, Tiefe und Richtigkeit zu erfüllen. Damit entwickeln sie eine spirituelle Exklusivität, sind zugleich spirituell inklusiv, da sie meist konfessionsübergreifend jedem offen stehen. Interessant ist die Einteilung von Christen in 'errettet' (-kuokoka) und (noch) 'nicht errettet' (bado kuokoka), was meist zu Beginn von Gesprächen abgeklärt wird und wodurch der weitere Gesprächsverlauf entschieden beeinflusst ist.

'Religiosität als Lebensmittelpunkt'

Ein Gottesdienst, der oftmals als Einkehr ('Retreat') oder Lobpreis bezeichnet wird, unterscheidet sich maßgeblich von einem der Mainline Churches. Die sehr lebhafte, emotionale und aktive Beteiligung durch Händeklatschen, Singen und Tanzen sowie das persönliche Glaubensbekenntnis einzelner Mitglieder vor der gesamten Gemeinde prägen den Gottesdienst und sollen das Göttliche erfahrbar machen. Die Mitglieder gestalten den Gottesdienst aktiv mit und lernen so eine wichtige Wertschätzung ihrer Mitgliedschaft innerhalb ihrer Gemeinde kennen. Man kann sagen, dass durch die pfingstlich-charismatische Ausrichtung des Gottesdienstes und überhaupt der gesamten Glaubensgemeinschaft das soziale Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Teilnahme befriedigt wird. So wird Religiosität zum Lebensmittelpunkt.

Zudem wird durch die Ermöglichung der Teilnahme die Barriere zwischen den bisher geistlichen Gemeindeführern und den laienhaften Gemeindemitgliedern überwunden, was wiederum eine Aufwertung des Selbstwertgefühls darstellt. Zudem kommen Themen zur Sprache, welche die Gemeinschaft tatsächlich beschäftigen bzw. unmittelbar betreffen.

'Den richtig Glaubenden wird Gott mit Erfolg, Gesundheit und materiellem Wohlstand segnen'

Die 'Sehnsucht' nach Heil und Heilung (körperlich, seelisch und sozial) ist ein fester Bestandteil ihrer Religiosität. Dementsprechend sind die Inhalte der Gottesdienste meist pragmatisch ausgerichtet: Es werden die Gewissheit von (wiederkehrender) Gesundheit, von der Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen und von finanziellem Wohlstand ('prosperity gospel') vermittelt, sowie der Eindruck, dass die Welt – und auch Gott sowie alles Böse – mit Gebeten direkt zu beeinflussen ist.

In dieser Deutung können Armut, Krankheit und Misserfolg, welche als Sünden verstanden werden, mithilfe von Religiosität überwunden werden. Den richtig Glaubenden werde Gott mit Erfolg, Gesundheit und materiellem Wohlstand segnen. So könne ein jedes Mitglied fest mit der Realisierung der erhofften Lebenssituation ('personal healing from social ills') rechnen – man müsse nur ausreichend an Glauben, Gebete und Zeit investieren sowie die klar formulierten Ge- und Verbote als Lebenshilfe zur Bewältigung des Alltags verstehen und beachten, welche die Mitglieder begleiten und im Kampf gegen das Böse stärken sollen. (...)

'Eine böswillige Macht als Sündenbock'

Um Armut, Leid und Ungerechtigkeit einen Sinn zu geben, benötigt man einen 'Sündenbock', eine böswillige Macht, die der liebenden Macht Gottes gegenübersteht und das Böse will und verursacht. Bestimmte Rituale zur Bekämpfung und zum Schutz vor jenen Mächten existieren in den Mainline Churches nicht, sind aber scheinbar existenziell für Menschen, deren Leben von äußeren Faktoren massiv (zumeist) negativ beeinflusst ist und dem sie (fühlbar) ohnmächtig gegenüber stehen. So gibt es keinen Zweifel über die Existenz Satans u. a. böser Mächte, wie Dämonen und Geister ebenso spielen Exorzismus und allgemeine Befreiungs- und Heil(ig)ungsrituale eine wichtige Rolle."

Magufuli: "Ich glaube, dass die Seuche von Satan gebracht wurde"

In Südafrika waren es die Pfingstkirchen, die sich mit ähnlichen religiösen Argumenten wie John Magufuli grundsätzlich gegen eine Schließung der Kirchen während der Corona-Pandemie ausgesprochen hatten.

In der vollbesetzten St. Paul's Catholic Church in Dodoma hielt der katholische Staatspräsident am 29. März seine erste, weltweit beachtete Grundsatzrede, in er die weitere Öffnung der Kirchen begründete ("Corona kann nicht überleben im Leib Christi, es würde verbrennen. Darum geriet ich auch nicht in Panik, als ich die heilige Kommunion bekam“) und die Tansanier aufforderte, hart weiterzuarbeiten und sich nicht entmutigen zu lassen. Die Regierung werde im Kampf gegen das Virus nicht aufgeben. Magufuli: "Ich glaube, dass die Seuche von Satan gebracht wurde, und der einzige Weg, diesen Kampf zu gewinnen, geschieht durch Gott." Er fuhr damals fort: "Wir haben uns gegenseitig mit Covid-19 Angst gemacht, als gäbe es keine andere Seuche, die Menschen tötet: Aids, tötet, Krebs tötet, Autounfälle töten viele Menschen." In Tansania sei, so Magufuli, bislang noch nichts Schlimmes passiert, und durch den Glauben an Gott gehe die Seuche vorbei wie ein böser Geist.