05.11.22

Staatspräsidentin Samia Suluhu Hassan auf Staatsbesuch in China


Samia Suluhu Hassan trifft Xi Jinping in Peking (Foto: Xinhua)

Aktualisierung  Einen Tag vor dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz traf am vergangenen Donnerstag die tansanische Staatspräsidentin Samia Suluhu Hassan in Peking den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping. Hassan war auf Einladung von Xi als erstes afrikanisches Staatsoberhaupt nach Abschluss des 20. Parteitags der Kommunistischen Partei zu einem dreitägigen offiziellen Staatsbesuch nach China eingeladen worden.  

"Ein historischer Besuch"

Der tansanische Botschafter in China, Mbelwa Kairuki, bezeichnete den Besuch, der am gestrigen Freitag endete, in einem TV-Interview als einen "historischen und bedeutenden Besuch, denn es ist das erste Mal, dass Präsidentin Samia nach China fliegt, seit sie im März 2021 an die Macht kam". Die Reise sei auch als "Symbol der Einheit und des gegenseitigen Verständnisses" zu werten, da der chinesische Präsident seinerseits bei seiner ersten Auslandsreise nach Amtsantritt im Jahr 2013 Tansania besucht hatte.

Donnerstagnachmittag traf Hassan in der Großen Halle des Volkes in Peking mit Präsident Xi zusammen. Die beiden Staatsoberhäupter erörterten verschiedene Themenbereiche und wohnten der Unterzeichnung mehrerer Verträge und Absichtserklärungen (MoU) bei. Dabei ging es vor allem um die Entwicklung der Infrastruktur, Bauwesen, Landwirtschaft, Investitionen in Wissenschaft und Technologie, Wirtschaft und Marketing.

Auf dem Programm der tansanischen Staatspräsidentin standen auch Gespräche mit dem chinesischen Premierminister Li Keqiang und dem Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses Chinas, Li Zhanshu.

Steigerung der tansanischen Exporte nach China geplant

Der Besuch sollte auch den Weg für eine Steigerung der tansanischen Exporte nach China ebnen, insbesondere bei stark nachgefragten Nutzpflanzen. Dies trifft vor allem für Sojabohnen zu, hier hat China einen Bedarf von 100 Millionen Tonnen pro Jahr. Das asiatische Land hat seinen Markt für tansanische Agrarprodukte bereits geöffnet.

Es wird erwartet, dass die Exporte Tansanias nach China von derzeit 600 Millionen US-Dollar auf 1 Milliarde USD im Jahr 2025 ansteigen werden. Bis Oktober 2022 wurden für das tansanische Festland beim Tanzania Investment Centre (TIC) insgesamt 1.098 chinesische Projekte im Wert von 9,6 Milliarden USD und auf Sansibar 15 Projekte im Wert von 202,2 Millionen USD registriert. Die Zahl der damit verbundenen Arbeitsplätze wird auf insgesamt 300.000 beziffert.

Wiederbelebung der Kohle- und Eisenerzprojekte?

Auch besteht nach einem Medienbericht die Möglichkeit, "Kohle- und Eisenerzprojekte wiederzubeleben, die vor etwa einem Jahrzehnt erstmals ins Auge gefasst wurden, als Tansania mit dem chinesischen Unternehmen Sichuan Hongda ein 3-Milliarden-Dollar-Geschäft zur Erschließung der Ressourcen unterzeichnete". Dabei geht es vor allem um den Bau der Mchuchuma-Kohlemine, die Entwicklung eines 600-MW-Wärmekraftwerks und die Liganga-Eisenerzmine.

"Tansania hat in so vielen Bereichen von China profitiert, darunter Bildung, Gesundheit, Darlehen und Zuschüsse", sagte Botschafter Kairuki und erwähnte, dass in den letzten zwei Jahren insgesamt 725 Tansanier in China studiert hätten.

Außerdem rechnet Kairuki damit, dass bis 2025 über 500.000 chinesische Touristen nach Tansania fliegen werden, das sich verstärkt auch um asiatische Besucher bemüht. Air Tanzania soll demnächst dreimal pro Woche nach China fliegen. 

Bau des Containerhafens von Bagamoyo "ganz oben auf der Tagesordnung"?

Neben der Finanzierung des weiteren Ausbaus der Zentraleisenbahn stand nach Medienberichten auch der ins Stocken geratene Bau des neuen großen Containerhafens in Bagamoyo im Mittelpunkt der Gespräche, angeblich soll er sogar "ganz oben auf der Tagesordnung des Staatsbesuchs" gestanden haben.

Während John Magufuli, der autokratische Vorgänger von Samia Suluhu Hassan, die Durchführung chinesischer Projekte in Tansania erschwert oder sogar verhindert hatte, beispielsweise den bereits 2013 in Anwesenheit von Xi vertraglich vereinbarten Bau des Megahafens und der Sonderwirtschaftszone in Bagamoyo, die Privatisierung der Tazara-Eisenbahn und chinesische Investitionen im Bergbau- und Energiesektor, bemüht sich seine Nachfolgerin seit ihrem Amtsantritt um die Verbesserung der Beziehungen zu Tansanias Nachbarn sowie zu den wichtigen großen Wirtschaftsnationen wie die EU-Staaten, USA und China.

Allerdings hat auch Samia Suluhu Hassan für den Hafen von Bagamoyo bessere Vertragsbedingungen gefordert. Politische Beobachter gehen davon aus, dass sie "die Kontrolle über den Zoll und andere regulatorische Angelegenheiten im Hafen behalten will" und dass es "unwahrscheinlich sei, dass sie den ursprünglich vereinbarten weitreichenden Steuerbefreiungen oder einer 99-jährigen chinesischen Pacht" zustimmen werde.

'The EastAfrican': Keine konkreten neuen Vereinbarungen über das Hafenprojekt Bagamoyo

Obwohl das ins Stocken geratene Hafenprojekt nach den Gesprächen am Donnerstag in Peking weder in den tansanischen noch in den chinesischen Erklärungen erwähnt wurde, will die Zeitung 'The EastAfrican' zuverlässig erfahren haben, "dass es zwar ausführlich besprochen wurde, aber keine konkreten Vereinbarungen getroffen wurden".

Der geplante Containerhafen von Bagamoyo ist für China von großer strategischer Bedeutung und einer der Endpunkte der "Neuen Maritimen Seidenstrasse". Von Bagamoyo aus, dem historischen Handelsort an der Ostküste Afrikas, sollen Rohstoffe aus Zentral- und Ostafrika nach China verschifft und Fertigprodukte aus China eingeführt werden.

China finanziert Terminal II des Flughafens von Sansibar

Die beiden Länder unterzeichneten nach Angaben von 'TheEastAfrican' hingegen Protokolle, "die den Weg für verstärkte Exporte von Avocados und wild lebenden aquatischen Produkten nach China unter veterinärmedizinischen und sanitären Auflagen ebnen sollen, sowie einen Entwurf für ein zinsgünstiges Darlehen in Höhe von 56,72 Millionen Dollar zur Unterstützung des Bauprojekts für das Terminal II des internationalen Flughafens von Sansibar."

Abschlusserklärung: "Umfassende strategische Kooperationspartnerschaft"

In einer offiziellen gemeinsamen Erklärung vom Donnerstag heißt es, die beiden Staatsoberhäupter hätten sich auf eine neue "umfassende strategische Kooperationspartnerschaft" geeinigt, um die bilateralen Beziehungen "in allen Bereichen" weiter auszubauen.

Kenia war bisher das einzige Land der Ostafrikanischen Gemeinschaft, das diesen Status mit China hatte. Andere Vereinbarungen beinhalten "eine weitere Ausweitung des gegenseitigen Handelsvolumens zwischen den beiden Ländern, wobei China sich verpflichtet hat, die Zollfreiheit für 98 Prozent der aus Tansania nach China exportierten Waren zu gewähren und aktiv die Möglichkeit zu prüfen, mehr tansanischen Produkten Marktzugang zu gewähren."

Ein weiterer persönlicher Erfolg für Samia Suluhu Hassan

Für Staatspräsidentin Samia Suluhu Hassan ist die Einladung als erstes afrikanisches Staatsoberhaupt nach dem Parteitag der KP Chinas - worauf Xi bei seiner Begrüßung ausdrücklich hinwies -, auch ein weiterer großer persönlicher Erfolg.

In diesem Jahr ist die einzige weibliche Regierungschefin Afrikas, die noch keine zwei Jahre im Amt ist, von der 'Time' bereits zu den "100 einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt" gewählt worden. Dort steht Olaf Scholz im Ranking der "25 einflussreichsten Führer der Welt" allerdings noch einen Platz vor Samia Suluhu Hassan.