21.01.09

Studie im Mikumi-Nationalpark: Was Elefantentrauer anrichtet


Elefant

Viele Dickhäuter schaffen es nach dem Verlust eines Verwandten bis zu zwanzig Jahre lang nicht, neue Sozialstrukturen aufzubauen. Der Verlust von Familienmitgliedern beeinträchtigt das Leben afrikanischer Elefanten auch noch knapp zwanzig Jahre später. Vor allem erwachsene Weibchen, die ihre weiblichen Verwandten verlieren, haben ein deutlich verändertes Sozialleben, zeigte jetzt eine Untersuchung im Mikumi-Nationalpark in Tansania.

 

Dort wurden in den 1980er Jahren zwei Drittel aller erwachsenen Tiere von Wilderern auf der Jagd nach Elfenbein getötet. Von den überlebenden Weibchen lebt heute noch ein Drittel alleine – ein für Elefanten äußerst ungewöhnlicher Lebensstil, denn sie schließen sich normalerweise in Kleingruppen mit drei bis sechs weiblichen Verwandten zusammen. Derartige Spätfolgen der Wilderei seien bisher unterschätzt worden und müssten nun durch spezielle Schutzprogramme aufgefangen werden, schreiben die US-Biologin Kathleen Gobush und ihre Kollegen.

 

Nachdem der Elfenbeinhandel 1989 verboten wurde, begann sich die Elefantenpopulation im über 3.000 Quadratkilometer großen Mikumi-Park wieder zu erholen – allerdings sehr langsam, da den Wilderern vor allem erwachsene Weibchen zum Opfer gefallen waren und die Generationszeit bei Elefanten mehr als 17 Jahre beträgt. Auch die sozialen Strukturen wurden durch den Abschuss massiv und dauerhaft geschädigt, zeigt nun die Studie der Amerikaner. Dazu hatten Gobush und ihre Kollegen von insgesamt 203 Tieren Dung für eine genetische Untersuchung gesammelt und 25 Monate lang das Verhalten von über 100 Elefantengruppen beobachtet.

 

Im Durchschnitt lag die Gruppengröße mit lediglich zwei erwachsenen Weibchen pro Gruppe deutlich unter der, die in nicht geschädigten Populationen üblich ist. Nahezu ein Drittel der Weibchen lebten sogar ganz alleine, und etwa ein Viertel hatte sich mit einem oder mehreren anderen einsamen Weibchen zusammengetan und eine neue Kleingruppe oder einen losen Verbund gebildet. Beide Lebensformen kommen in gesunden Populationen praktisch überhaupt nicht vor, erläutern die Forscher.

 

Einige der Weibchen hatten es hingegen offenbar geschafft, sich einer bereits existierenden Gruppe anzuschließen. Diese Gruppen hatten dann im Schnitt einen sehr viel niedrigeren Verwandtschaftsgrad als die übliche Kernfamilie unter Elefanten – sie besteht normalerweise aus engen Verwandten wie Müttern, Töchtern, Schwestern und Tanten.

 

Zuerst hätten sie angenommen, dass es sich bei den Gruppen um noch intakte Familien handele, während die Einzelgänger alle Angehörigen verloren hätten, berichtet Gobush. Dann habe sich anhand der Verwandtschaftsverhältnisse jedoch gezeigt, dass diese Struktur auf eine ungewöhnliche Variabilität im Verhalten der Tiere zurückzuführen sei. Am deutlichsten habe die Studie jedoch illustriert, dass Elefanten mehr als eine Generation brauchen, um sich von der Zerstörung ihres sozialen Netzwerks zu erholen, und dass die Wilderei selbst nach mehr als 15 Jahren noch deutliche Spuren hinterlasse.

Aus: Bild der Wissenschaft