19.03.21

Samia Suluhu Hassan als neue Staatspräsidentin vereidigt


Die Vereidigung von Tansanias neuer Staatspräsidentin Samia Suluhu Hassan (Foto zum Vergrößern anklicken!) (Foto: CCM)

Die 61-jährige bisherige tansanische Vizepräsidentin Samia Suluhu Hassan wurde heute um 10 Uhr Ortszeit im State House in Daressalam vom Obersten Richter Ibrahim Juma als neue Staatspräsidentin vereidigt. Die Regierung folgte damit einer Bestimmung der tansanischen Verfassung, wonach der Stellvertreter des Präsidenten diesem im Todesfall bis zum Ende der Amtszeit folgt. Hassan ist die erste Frau in der Position der Staatspräsidentin.

An der Vereidigung, die im Fernsehen live übertragen wurde, nahmen die ehemaligen Staatspräsidenten Jakaya Kikwete und Ali Hassan Mwinyi, der ehemalige Präsident von Sansibar Abeid Karume, Premierminister Kassim Majaliwa, Parlamentssprecher Job Ndugai sowie viele andere frühere oder amtierende Politiker teil. Die Alt-Präsidenten gehörten zu den ganz wenigen Besuchern der Zeremonie, die eine Corona-Schutzmaske trugen.

Die Vereidigung von Samia Suluhu Hassan
  K24 TV (28 Min.)

Aufruf von Hassan für Einheit und Versöhnung

Samia Suluhu Hassan hat nach ihrer Vereidigung das Land aufgefordert, sich nach dem Tod ihres Vorgängers John Magufuli zu vereinen und keine Schuldzuweisungen vorzunehmen. "Dies ist eine Zeit, um unsere Differenzen zu begraben und als Nation eins zu werden", sagte sie. „Es ist eine Zeit, sich die Hände zu halten und gemeinsam vorwärts zu gehen." Dies würde jedoch nur funktionieren, wenn man nicht zurückblickt.

Hassan weiter: "Es ist eine Zeit, gemeinsam zu weinen und sich gegenseitig zu trösten - mit dem Ziel, gemeinsam ein neues Tansania aufzubauen, das der verstorbenen Magufuli erschaffen wollte."

Die Staatspräsidentin beschrieb ihren Vorgänger als einen bescheidenen Staatsmann, der durch seine Aktionen das Image des Landes verändert habe. Es sei sein größter Wunsch gewesen, das Land durch Pläne, Strategien und Investitionen in Mega-Entwicklungsprojekte insbesondere im Bereich der Infrastruktur an die Spitze zu bringen. Hassan: "Er hat mir viel beigebracht, er war mein Mentor und hat mich ausreichend vorbereitet."

"Samia Suluhu Hassan wird Tansanias erste Präsidentin"
  Deutsche Welle vom 19.3.2021

"Samia Suluhu Hassan als erste Präsidentin Tansanias vereidigt"
  SPIEGEL vom 19.3.2021

"Samia Suluhu Hassan als neue Präsidentin vereidigt"
  ZEIT vom 19.3.2021

Besetzung wichtiger Positionen als erste Aufgabe

Nach der Verfassung muss Hassan nach ihrer Vereidigung in Absprache mit der Regierungspartei CCM einen neuen Stellvertreter benennen. Es gilt unter Beobachtern als sicher, dass es aufgrund der bisher praktizierten regionalen und religiösen Ausgewogenheit ein christlicher Mann vom tansanischen Festland wird. Für seine Wahl benötigt er die Hälfte der Stimmen im Parlament, das von der CCM dominiert wird. Außerdem gilt es die Posten des Parteivorsitzenden und des Generalsekretärs zu besetzen.

Studium der Wirtschaftswissenschaften in England

Hassan (in der tansanischen Bevölkerung 'Mama Samia' genannt) wurde am 27. Januar 1960 auf Sansibar geboren. Sie studierte am Zanzibar Institute of Financial Administration und 'Public Administration' an der Mzumbe Universität. In Indien folgte eine Ausbildung im Bereich Management am Institute of Management for Leaders in Hyderabad. An der Universität in Manchester studierte Hassan von 1992-94 mit einem Diplomabschluss in Wirtschaftswissenschaften. 2015 machte sie ihren Master of Science in 'Community Economic Development' im Rahmen der Universitätspartnerschaft zwischen der Open University of Tanzania und der Southern New Hampshire University.

Hassan arbeitete als Parlamentsabgeordnete in Sansibar und wurde Ministerin für Arbeit, Geschlechtergerechtigkeit und Kinder und ab 2005 Ministerin für Tourismus, Handel und Investitionen. 2010 zog sie ins Nationale Parlament Tansanias ein und wurde als 'Staatsministerin im Büro des Vizepräsidenten' berufen.

Verantwortlich für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung

Als Stellvertretende Vorsitzende der verfassunggebenden Versammlung war Hassan 2014 für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung verantwortlich, die die Befugnisse des Präsidenten reduziert, ein unabhängiges Wahlgremium eingerichtet und die gerichtliche Anfechtung von Wahlergebnissen ermöglicht hätte. Aufgrund des Widerstands Magufulis konnte die Verfassungsreform bisher jedoch noch nicht realisiert werden.

Hassan ist verheiratet mit Hafidh Ameir. Gemeinsam haben die neue Staatspräsidentin und ihr Mann, ein pensionierter Agrarexperte, drei Söhne und eine Tochter, Wanu Hafidh Ameir, die Mitglied im Repräsentantenhaus von Sansibar ist. 

"Eine kluge Politikerin"

Die US-amerikanische Nachrichtenagentur Bloomberg schreibt heute über Hassan: "Obwohl sie weithin als kluge Politikerin angesehen wird, fehlt ihr ein solider politischer Rückhalt. Sie muss daher die Unterstützung der regierenden Partei Chama Cha Mapinduzi sicherstellen, wenn sie die Macht bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2025 behalten will."

Der am Mittwoch verstorbene Staatspräsident John Magufuli hatte Hassan 2015 als Vizepräsidentin berufen, enthüllte nach Angaben von Bloomberg jedoch später, "dass der frühere Verteidigungsminister Hussein Mwinyi seine bevorzugte Option gewesen wäre. Er hätte aber den Rat der CCM befolgt, eine weibliche Stellvertreterin zu wählen."

Bei Magufulis Wiederwahl im Oktober 2020 behielt Hassan, die den Präsidenten offensichtlich zu seiner Zufriedenheit auf fast allen wichtigen überregionalen Konferenzen der Völkergemeinschaft vertreten hatte, ihren Posten.

Änderungen im Umgang mit der Corona-Pandemie?

Eine weitere schwierige Aufgabe wird die Entscheidung Hassans sein, ob sie an der umstrittenen Coronapolitik ihres Vorgängers festhalten will. Durch eine Fortsetzung des Verzichts auf eine Strategie zur wirksamen Bekämpfung der Pandemie auch in Tansania, inklusive der Durchführung von Tests und Impfungen, würde sich das Land international weiter isolieren mit negativen Auswirkungen auf Industrie, Handel und Tourismus. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat angesichts des Starts von Massenimpfungen in den Nachbarländern ihren Druck bereits deutlich erhöht. 

Ferner geht es um die Frage, ob sie die geplanten großen Infrastrukturprojekte fortsetzen und "die Investitionspolitik überarbeiten soll, die zwar die lokale Eigenverantwortung gestärkt, aber ausländische Investoren erschreckt hat" (Bloomberg).

Die Hoffnung der Opposition auf eine "gemäßigte Politikerin"

Die Opposition hofft, dass sich mit der neuen Präsidentin die zugespitzte Situation zwischen der Mehrheitspartei und den Oppositionsparteien wieder etwas entspannt. Als positives Signal wurde Ende 2017 der Krankenbesuch Hassans bei Oppositionsführer Tundu Lissu angesehen, als dieser nach einem Attentat schwer verletzt im Krankenhaus lag. Hassan festigte damit ihren Ruf als eher "gemäßigte Politikerin". Sie war damals das einzige Regierungsmitglied, das den Weg ans Krankenbett fand.

"President Magufuli’s Death, his Successor, and the Future of Tanzanian Politics"
Interview mit Dr. Thabit Jacob (Tansania, Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Entwicklungsökonomie und -politik an der Universität Roskilde/Dänemark) über das Erbe von Präsident Magufuli, die Aussichten auf einen friedlichen Machtwechsel und  die neue Staatspräsidentin Samia Suluhu Hassan
DIA (Democracy in Afrika) vom 18.03.2021 (in Engl., Film, 23 Min.)