25.07.09

Mobilfunkriese ZAIN will sich aus Tansania zurückziehen


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Der kuwaitische Mobilfunkkonzern Zain hat offenbar genug vom Abenteuer in Afrika. Ein Käufer für das riesige afrikanische Mobilfunkimperium wird gesucht, Zain will sich auf die profitableren und sichereren Nahost-Märkte zurückziehen. Das 1983 gegründete Unternehmen Zain startete 2003 noch unter dem Namen MTC ein mutiges Expansionsprogramm. Bis 2011 wollte MTC 15 Millionen Kunden haben. Doch diese Schwelle wurde bereits 2005 mit der Übernahme der panafrikanischen Celtel mit 13 Netzen sowie der madegassischen Madacom überschritten. Auf einen Schlag war MTC der viertgrößte Mobilfunk-Netzbetreiber der Welt, gemessen an der versorgten Fläche. Es folgten weitere Expansionsschritte und eine Umbenennung in Zain.

 

Heute betreut Zain rund 70 Millionen Kunden in 24 Ländern, darunter auch Tansania. 18 dieser Märkte sind Teil des einzigartigen One Network: Roamingaufschläge gibt es dort nicht. Jeder Zain-Kunde kann in jedem der anderen One-Network-Länder zum jeweils lokalen Tarif telefonieren, die Entgegennahme von Anrufen ist grundsätzlich gratis.

 

Da die allermeisten Kunden auf Vorauszahlungsbasis telefonieren, ist ein wichtiges Feature, dass alle nationalen Ladebons genutzt werden können, unabhängig von der jeweiligen Währung.

 

Die Finanzzahlen für das erste Halbjahr 2009 sind auf den ersten Blick rosig: Kunden plus 37 Prozent auf 69,5 Millionen, Umsatz plus 24 Prozent auf über 4 Milliarden Dollar, EBITDA Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen) plus 46 Prozent auf 1,8 Milliarden Dollar, eine EBITDA-Marge von über 44 Prozent und ein um 4,4 Prozent auf 534 Millionen Dollar gewachsener Reingewinn.

 

Doch ist das Wachstum in Afrika nicht mehr ganz so rasant, wie in früheren Jahren. In den zwölf Monaten bis zum Ende des ersten Quartals 2009 betrug das Kundenwachstum in Afrika (ohne den zur Nahost-Division gezählten Sudan) 36 Prozent, während im Nahen Osten (inklusive Sudan) 50 Prozent waren. Die Umsätze je Kunde (ARPU) und die Margen sind in Afrika traditionell sehr niedrig; 99,4 Prozent der Kunden zahlen dort im Voraus, und dann meist nur Kleinstbeträge auf einmal. 

 

2008 kam in Summe nur ein Zehntel des Zain-Profits aus Afrika. Und im ersten Halbjahr 2009 trübten Wechselkursschwankungen das Gesamtergebnis um 109 Millionen Dollar. Indikatoren wie diese dürften die Kuwaiti nun dazu veranlasst haben, den Absprung aus Afrika zu suchen. Doch das Imperium hat seinen Preis.

 

Sicher ist bereits der Rückzug aus Tansania. Zain will seine 35 Prozent an der bis vor Kurzem von der kanadischen SaskTel geführten, kleinen Tanzania Telecommunication (TTCL) an den Staat zurückverkaufen. Dieser hält die restlichen 65 Prozent. TTCL ist mit 170.000 Anschlüssen zwar Festnetz-Marktführer, aber erst seit 2008 im Mobilfunk tätig. In dem 40 Millionen Einwohner zählenden Land gibt es 14 Millionen Mobilfunkanschlüsse, davon aber nur 121.000 bei TTCL (Stand März 2009).

 

Ein Angebot der französischen Vivendi für das übrige Afrika-Geschäft wurde ausgeschlagen, woraufhin Vivendi die Gespräche unterbrochen hat. Ob sie weitergeführt werden, ist offen. Berichten zu Folge soll Vivendi 10 Milliarden Dollar (nach anderen Quellen noch eine halbe Milliarde mehr) in bar geboten haben, während Zain ein Aktientausch im Wert von 12 Milliarden vorschwebte. Doch dies entspricht nicht den "finanziellen Kriterien", wie Vivendi diplomatisch verlauten ließ. Der französische Konzern hat bereits 8,3 Milliarden Euro Schulden (Stand Ende März) und fürchtet um sein Kreditrating – jede Verschlechterung würde den Schuldendienst schmerzlich verteuern.

 

Zain selbst hat betont, noch andere Interessenten zu haben. Nun spekulieren Analysten und Journalisten, wer als Käufer in Frage kommen könnte. Nachdem Vodafone und Orange selbst umfangreich in Afrika investiert haben und es bei einer Übernahme diverse Überlappungen geben würde, T-Mobile und Telefonica bisher an Afrika kaum Interesse gezeigt haben, werden Mobilfunker aus anderen Weltregionen ins Spiel gebracht. Trotz Dementi wird immer wieder Etisalat (Vereinigten Arabischen Emirate) genannt. Auch der Name von Q-Tel fällt, die Katarer haben sich selbst das Ziel gesteckt, bis 2020 zu den Top 20 Telecomfirmen der Welt zu zählen. Hinzu kommen China Mobile, die sich schon lange internationalisieren möchte, sowie Reliance und Essar aus Indien. Letztere verhandelt bereits über einen Einstieg bei der Warid-Gruppe, die in Bangladesch, Pakistan, dem Kongo und Uganda aktiv ist. 

 

Aus: "Heise online" vom 25.7.2009