05.09.09

Wachsender Widerstand gegen geplanten Tiefwasserhafen bei Tanga


Mwambani Bay

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Kaum wurden die extrem seltenen Urfische Quastenflosser (Latimeria chalumnae) im Jahre 2003 in Tansania entdeckt, ist ihr Überleben dort auch schon ernsthaft bedroht. Extrem zerstörerische Fangmethoden wie Dynamitfischen haben in den letzten Jahren die Fischbestände im Flachwasser drastisch reduziert. Die Fischer sind deshalb zunehmend auf Stellnetze angewiesen, die bis in Tiefen von 200 m ausgelegt werden. Damit wurden in den vergangenen 5 Jahren besonders um die Mwambani-Bucht südlich von Tanga über 80 Quastenflosser gefangen. Sie sind nicht essbar und deshalb als Beifang unerwünscht.

Das große internationale Interesse an den Quastenflossern hat das tansanische Ministerium für Landwirtschaft und Fischerei veranlaßt, dort nun ein Quastenflosser-Schutzgebiet zu planen. Dieses Vorhaben ist allerdings nicht vereinbar mit dem ebenfalls geplanten Bau eines Tiefwasserhafens in der Mwambani-Bucht, der gleichzeitig von der tansanischen Hafenbehörde mit Nachdruck vorangetrieben wird.

Die Mwambani-Bucht liegt acht km südlich von Tanga, einer Hafenstadt an der Küste Nordost-Tansanias nahe der Grenze zu Kenia. Die Bucht ist etwa 5,7 km lang, liegt auf 5’’9’0 südlicher Breite und 39’’7’0 östlicher Länge, und wird von zwei vorgelagerten Inseln begrenzt: Yambe Island und Karange Island. Die angrenzenden Gebiete sind dicht besiedelt, über 5.000 Menschen leben in den Dörfern Ndumi, Kivumbitifutifu, Mwambani, Mwahako, Mchukuni, Mwarongo und einigen kleineren Siedlungen. Die Einwohner leben von Landwirtschaft, Fischerei und Anbau von Meeresalgen für den Export.

 

Quastenflosserfänge und die Planung eines Schutzgebietes

 

Seit dem ersten offiziell bestätigten Fang eines Quastenflossers im September 2003 haben Fischer über 80 weitere Fänge entlang der tansanischen Küste gemeldet, vor allem aus den Fischerdörfern Kigombe, Mwarongo und Mwambani südlich von Tanga, sowie aus Mtwara, Lindi und Dar es Salaam, wo ebenfalls vielfach Kiemennetze (Jarife) als Stellnetze im Tiefwasser ausgebracht werden. Bis zum September 2005 wurden in Tansania rund 25 Quastenflosser gefangen, 19 davon in einem Zeitraum von 6 Monaten. Dies ist die weltweit größte Fangquote von Quastenflossern in einem so kurzen Zeitraum und zeigt, dass der Urfisch in Tansania extrem gefährdet ist. Die meisten Fische wurden entlang eines Küstenabschnittes von nur 30 Kilometern zwischen Tanga und Kigombe gefangen, wo jetzt das Schutzgebiet eingerichtet werden soll.

Die alarmierend hohe Fangrate in Tansania weckte nationales und internationales Interesse an den Quastenflossern. Zahlreiche Regierungsvertreter wie auch der Präsident der Vereinten Republik Tansanias, Jakaya Mrisho Kikwete, und der für Marineparks zuständige Direktor Rumisha, forderten dringende Schutzmaßnahmen. Im Juni 2007 wurden deshalb zwei Workshops abgehalten, ein Science Planning Workshop der Universität von Dar es Salaam und ein erster Coelacanth Stakeholder Workshop in Tanga, wo sich die Teilnehmer sowohl für den Schutz des Lebensraumes der Quastenflosser als auch für eine nachhaltige Entwicklung der Küstenbevölkerung einsetzten.

Wie vom Gesetz (Marine Parks and Reserves Act No 29, 1994) vorgesehen, sollen die betroffenen Dörfer und andere Akteure aktiv am Planungsprozess und Management des Schutzgebietes beteiligt werden, für das die Marine Parks and Reserves Unit (MP&RU) und das Tanzanian National Management Commitee des African Coelacanth Ecosystem Project (ACEP) zuständig sind.

 

Bei Tauchgängen wurden mehrere Quastenflosser gesichtet

 

Im Oktober 2007 organisierte ACEP als Vorbereitung für das Schutzgebiet eine erste Forschungsexpedition des Forschungsschiffs Algoa mit Wissenschaftlern aus Südafrika, Tansania und Japan, wo die Ökosysteme der Tanga-Region auch an Land untersucht wurden. Dabei filmten Wissenschaftler des Aquamarine Fukushima Aquarium aus Japan mit einem ROV (Remote Operated Vehicle) Videoaufnahmen lebender Quastenflosser. Bei 14-tägigen Tauchgängen des ROV in Tiefen zwischen 100-200 Metern wurden in sechs Fällen Quastenflosser gesichtet, davon 9 Exemplare in einer Nacht. Trotz insgesamt 58 ROV-Tauchgängen in einem großen Gebiet von Yambe Island bis South Head Reef wurden alle Quastenflosser nur in einem kleinen Küstenabschnitt südlich von Karange Island gesichtet.

Im Oktober 2008 wurde in Tanga ein zweiter Coelacanth Scientific Feedback Workshop abgehalten, wo die Ergebnisse der ACEP-Expedition von 2007 diskutiert wurden. Obwohl offiziell nicht im Programm erwähnt, übten die Seminarteilnehmer heftige Kritik am geplanten Hafenbau in der Mwambani-Bucht, der die Errichtung eines Meeresschutzgebietes gefährde, und forderten eine Umweltverträglichkeitsprüfung.

In seiner Haushaltsrede 2008-2009 im Parlament erwähnte der Minister für Landwirtschaft und Fischerei zwar Pläne der Regierung, südlich von Tanga ein Quastenflosser-Schutzgebiet einzurichten, doch gibt es bis heute keinerlei Hinweise auf die konkrete Umsetzung, während die Hafenbehörde den Hafenbau mit Nachdruck vorantreibt und leider weiterhin Quastenflosser in tiefen Stellnetzen gefangen werden.

 

Hintergrund des geplanten Hafenbaus in der Mwambani-Bucht

 

Der erste Vorschlag für eine Erweiterung des Tanga-Hafens in der Mwambani-Bucht stammt aus dem Jahre 1977 im Rahmen eines Gutachtens „East African Ports Development Study, Tanzanian ports excluding Dar es Salaam“, das von der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung für die damalige Ostafrikanische Hafenbehörde erstellt wurde.

Diese Studie sah in der Mwambani-Bucht eine Möglichkeit, die Kapazität des Tanga-Hafens zu erweitern. Den Bedarf dafür lieferte die in den sechziger und frühen siebziger Jahren boomende Sisal-Industrie, die allerdings nach der kurz darauf erfolgenden Verstaatlichung der Plantagen für die nächsten Jahrzehnte fast vollständig zusammenbrach. Die damaligen Projektionen für den Hafenumschlag waren deshalb, wie wir heute wissen, extrem optimistisch und um ein Vielfaches höher als der wirkliche Umschlag der Folgejahre (geschätzte 1.3 Mio metrischer Tonnen für 2000 gegenüber wirklichen 295.000 metrischem Tonnen in 2002, heute ca 500.000).

Obwohl der Güterverkehr im Tanga-Hafen seitdem leicht zunahm und die Hafenbehörde weiterhin sehr optimistische Projektionen abgibt, weisen Hafennutzer heute jedoch mit Nachdruck darauf hin, dass das Gutachten von 1977 heute nicht mehr relevant ist, nicht nur wegen des weit überschätzten Bedarfs und der heute viel grösseren Schiffe, sondern auch wegen der enormen Veränderungen im Hafenbetrieb und der neuen operationalen, technologischen und ökologischen Kriterien für Investitionsentscheidungen.

So ließ die Studie von 1977 beispielsweise die in den letzten Jahrzehnten stark zunehmende Containerisierung des Güterverkehrs unberücksichtigt, die zu einer drastischen Verkürzung der Ladezeiten in den Häfen und damit bei entsprechendem Management allgemein zu einer enormen Steigerung der Hafenkapazitäten führte.

Auch ökologische Gesichtspunkte wurden in den siebziger Jahren noch nicht berücksichtigt.

 

Ein Hafenneubau erfordert Sprengung von Korallenriffen

 

So erwähnt die Studie von 1977 nicht, dass ein Hafenbau und die ebenfalls geplante steuerbegünstigte Industriezone in der Mwambani-Bucht weiträumige Sprengungen von Korallenriffen erfordern würden, um den engen Zugangskanal zwischen den Yambe und Karange Inseln zu erweitern. Da das zukünftige Hafengebiet hauptsächlich aus einer flachen Bucht, Mangrovensümpfen und Küstenwäldern besteht, wären auch massive Landaufschüttungen und Ausbaggerungen nötig.

Soziale Aspekte wurden ebenfalls komplett ausgeklammert, wie zum Beispiel die Interessen und Rechte der Dorfgemeinschaften in dem dichtbesiedelten Gebiet, das für den zukünftigen Hafen geräumt werden soll. Für die Bauern und Fischer der Dörfer Tangasisi, Sahare, Ndume, Mwambani, Mchukuni und Mwahako liefern Land und Meer die Lebensgrundlage.

Trotzdem begann die Hafenhörde in den achtziger Jahren mit ersten Zwangsräumungen der lokalen Bevölkerung auf der die Mwambani-Bucht im Norden begrenzende Halbinsel Ras Nyamaku, wo die Studie von 1977 den zukünftigen Hafenbau vorsieht. Dabei wurden 92 ha Land geräumt und das ganze Dorf Ndume umgesiedelt, wobei die Dorfbewohnern für den Wiederaufbau ihrer Häuser an anderer Stelle nur sehr unzureichende Entschädigungen bekamen. Da dies zur Zeit der Einparteienregierung in Tansania geschah, gab es damals noch keine Opposition gegen diese Maßnahmen.

 

Neuere Entwicklungen des Hafenprojektes in der Mwambani-Bucht

 

Im Jahre 2007 berichtete die lokale und regionale Presse über Verhandlungen der Regierung mit der kuweitischen Firma KGL über das wieder aufgenommene Mwambani-Hafenprojekt, wofür ein "Memorandum of Understanding" für einen 400 Mio USD BOT (Build, Operate, Transfer) -Vertrag abgeschlossen wurde. Auszüge aus Presseberichten: "Tanzania will sign an agreement with Kuwait to build the Mwambani-Bucht deep water berths,..." "Kuwaiti port operators - Kuwait and Gulf link port international (KGLP) - will be the key players... the project is expected to be on a build-and-operate-basis..., costs 400 million USD, which involves construction of quays, fenders, rail sidings, installation of handling equipment - including cranes, storage yards and sheds and administration blocks... MoU between the governments of Tanzania and Kuweit is being drafted, according to Tanga Port Master Iddi Mkwata...". (The East African ,12-18.3.07).

Im Oktober 2008, also anderthalb Jahre später, erklärten Vertreter der Hafenbehörde im Coelacanth Scientific Feedback Workshop in Tanga, dass der Mwambani-Hafen auf jeden Fall gebaut werde (“it is planned for a long time already”) und bestätigten, dass sie noch einen Investor suchten, da die Kuwaitis – wahrscheinlich wegen der weltweiten Bankenkrise und dem Sturz des Ölpreises – derzeit nicht mehr interessiert seien.

 

Keine Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung

 

Obwohl eine Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung für derartige Projekte heute auch in Tansania gesetzlich vorgeschrieben ist, wurde die Umweltbehörde National Environmental Management Council (NEMC) bis heute nicht an den Hafenplanungen beteiligt, und es liegt bisher auch kein Antrag der Hafenbehörde für eine solche Prüfung vor, wie deren Vertreter wiederholt gegenüber der Nichtregierungsorganisation Tanzanian Natural Resources Forum (www.TNRF.org) und Journalisten bestätigten.

 

Neuer Masterplan für tansanische Häfen

 

Im Jahre 2008 finanzierte die Weltbank einen Tanzania Port Master Plan, der von den Beratungsfirmen Royal Haskoning (Niederlande) und Interconsult Ltd (Tansania) erstellt wurde. Die Endfassung dieses Port Master Plan vom 7. November 2008 enthält vier Szenarien für die zukünftige Entwicklung der tansanischen Häfen. Das Szenario 4, das am meisten favorisiert wird, befürwortet den Bau eines neuen Hafens in Mwambani-Bucht (neben einem weiteren Hafen in Bagamoyo, dem Heimatgebiet des Praesidenten).

 

Keine Beteiligung von Wirtschaftsvertretern und Bewohnern der Mwambani-Bucht

 

Obwohl "Stakeholder participation", d.h. Beteiligung von Betroffenen, heute eine wichtige Voraussetzung für von der Weltbank finanzierte Vorhaben ist, geschah dies bei der Ausarbeitung des Port Master Plan nicht. So wurden die Bewohner, die ihre Existenzgrundlagen verlieren würden, aber auch die tansanische Handelskammer als die wichtigsten Hafennutzer von der Planung ausgeschlossen. Auch bei einem von der Weltbank finanzierten sogenannten „Stakeholder Seminar“ in Dar es Salaam im September 2008, wo der erste Entwurf des Port Master Plan diskutiert wurde, blieben Wirtschaftsvertreter von Tanga sowie die betroffenen Dorfgemeinschaften außen vor. Dies ist nicht zu rechtfertigen, denn die Hafennutzer hätten als Kunden wichtige Informationen über den Bedarf, Trends und Prognosen für den Güterverkehr, sowie Anforderungen an das technische Management des gegenwärtigen wie auch eines neuen Hafens geben können.

 

Technische Stellungnahme von Experten: „Does Tanga need a new Harbour at Mwambani?“

 

Da sie vom Planungsprozess ausgeschlossen wurden und unter den technischen und Managementproblemen des alten Tanga-Hafens leiden, stellten Experten der Schifffahrtslinien und lokaler Wirtschaftsverbände eine technisch versierte Stellungnahme ins Netz mit dem Titel „Does Tanga need a new harbour at Mwambani?“ (http://www.tnrf.org/node/7066 ). Darin verneinen sie den Bedarf für einen neuen Hafen und fordern stattdessen bessere Instandhaltung, Ausrüstung und professionelleres Management des bestehenden Hafens von Tanga.

Sie beklagen auch, dass ihre eigenen Daten und Projektionen über den Frachtverkehr im Planungsprozess nicht berücksichtigt wurden und sich der Port Master Plan stattdessen auf offensichtlich lückenhafte, falsche und veraltete Daten der Hafenbehörde stützt. Der Güterverkehr in Vergangenheit und Zukunft werde in dem Plan massiv unter- und überschätzt und die gegenwärtige Situation des Tanga-Hafens falsch dargestellt. Nach Angaben der Hafennutzer könne der Tanga-Hafen bei entsprechendem Management und technischer Erneuerung schon heute mehr als 3 Mio MT Güter pro Jahr umschlagen und nicht erst, wie im Plan behauptet, ein neuer Hafen im Jahre 2028. Ein Beispiel dafür sei die von der Tanga Cement Company effizient organisierte Entladung eines Frachtschiffes mit 44.000 MT Klinker im Tanga-Hafen, die nur 10 Tage dauerte und damit, auf das Jahr hochgerechnet, bereits eine Hafenkapazitaet von fast 3 Millionen MT/Jahr erreichte.

 

Alternative Erweiterungsmöglichkeiten werden nicht berücksichtigt

 

Die Hafennutzer aus der Wirtschaft kritisieren auch, dass der Port Master Plan alternative Erweiterungsmöglichkeiten für den Tanga-Hafen nicht berücksichtige wie etwa Ausbaggerungen oder den Ausbau von Tiefwasserkais. Außerdem würden im Plan die Kosten von Ausschachtungen einfach als „sehr teuer“ bezeichnet, ohne Kostenangabe oder einen direkten Vergleich mit Baukosten des geplanten neuen Hafens in der sehr flachen Mwambani-Bucht. Sie fordern eine professionelle Kosten-Nutzen-Analyse und Beteiligung an weiteren Diskussionen über den Port Master Plan.

 

"Die Weltbank beabsichtigt nicht die Finanzierung"

 

Obwohl Geldgeber für den Plan, betonte auch der verantwortliche Weltbank-Vertreter in Dar es Salaam auf Anfrage per Email Folgendes: „the World Bank has no intention to finance any of this. If we would, a thorough environmental and social impact analysis would have to be done prior. In our comments we are likely to say that we feel that decisions on the future development should not be taken until, first the port of Dar es Salaam is better utilized, second a more strategic analysis is done taking into account nautical, environmental, social and aspects related to the hinterland connections.”

 

Offensichtliche Fehlkalkulationen des Port Master Plan

 

Experten werfen dem Plan auch erhebliche Ungereimtheiten und widersprüchliche und falsche Berechnungen vor, was ihn als reines Gefälligkeitsgutachten für die offenbar an Monsterprojekten interessierte Hafenbehörde erscheinen läßt. Zum Beispiel werden die Kosten des Mwambani-Hafenbaus vom Weltbankverteter auf mindestens eine Milliarde US$ geschätzt, in der endgültigen Fassung des Port Master Plan aber als erheblich geringer angegeben als sogar noch ein Jahr zuvor in den Verhandlungen der tansanischen Regierung mit den Kuweitis. Der neue Mwambani-Hafen soll jetzt nur noch 113-164 Mio US$ kosten, statt der vorher genannten 400 Mio USD. Als Grund für diese überraschende Kostensenkung wird angegeben, dass der Hafenbau in der Bucht angeblich nun doch keine Ausbaggerungen erfordere und damit sehr kosteneffektiv sei.

Außerdem sieht der Plan vor, dass die weltweit von Naturschützern bekämpfte Sodafabrik am Lake Natron doch gebaut wird, die den Umschlag im Mwambani-Hafen um 1 Million MT pro Jahr erhöhen würde. Gleichzeitig nennt der Plan als Voraussetzung hierfür, dass die Regierung den Bau der gesamten Straßen-, Schienen- und Hafeninfrastruktur übernehme, wofür 175 Mio USD veranschlagt werden. Da aber der Weltmarktpreis für Sodaasche sehr niedrig sei (ca. 300 USD pro Tonne), wird sogar im Plan bezweifelt, dass die Regierung den Bau der benötigten Infrastruktur bewilligt.

 

Mangelnde Koordination zwischen den zuständigen Behörden

 

Nicht nur die lokale Bevölkerung, die Wirtschaft und die Umweltbehörde wurden vom Hafenplanungsprozess ausgeschlossen. Offensichtlich gab es auch keine Rücksprache der Hafenbehörde mit den Regierungsstellen, die das Meeresschutzgebiet planen, wie der Marine Parks and Reserves Unit unter dem Ministerium für Landwirtschaft und Fischerei. Diese Behörde ist für den Schutz hoch gefährdeter Arten wie den Quastenflosser verantwortlich, wozu sich Tansania mit der Ratifizierung des internationalen CITES-Abkommens verpflichtet hat. Wegen der allgemeinen Geheimhaltung um das Hafenprojekt gibt es weder in der Öffentlichkeit noch innerhalb der Regierung bisher Diskussionen über die Vereinbarkeit der beiden konkurrierenden Entwicklungspläne für die Mwambani-Bucht.

 

Weitere Zwangsräumungen von Bewohnern der Mwambani-Bucht

 

Während das Gutachten von 1977 und der erste Entwurf des Port Master Plans
die Ras Nyamaku-Halbinsel für den Hafen vorsahen (wo das Dorf Ndume schon
ab Mitte der 90er Jahre umgesiedelt wurde), wird in der Endfassung des Plans vom November 2008 das zukünftige Hafengebiet mitten in die dicht besiedelte Küste der Mwambani-Bucht verlegt. Das erfordert die Zwangsräumung und Enteignung von erheblich mehr Land durch die Hafenbehörde und das Stadtplanungsamt von Tanga. Betroffen sind vor allem die Dörfer Tangasisi, Sahare, Ndume (zum zweiten Mal innerhalb von 11 Jahren), Mwambani und wahrscheinlich auch Mchukuni, Mwahako und weitere Dörfer, die Land für die Umsiedlungen der Bewohner der geräumten Gebiete abgeben müssten.

Die Bewohner des Dorfes Ndume wehren sich inzwischen geschlossen gegen die geplante zweite Zwangsumsiedlung, weil schon bei der ersten vor 11 Jahren nur 53 von 200 Haushalten Land für neue Häuser erhielten. Die verbleibenden 147 Bewohner leben bei Verwandten in Tanga und haben einen langen Leidensweg hinter sich. Bei verschiedenen Regierungsstellen hatten sie ohne Erfolg für die gesetzlich vorgeschriebene Entschädigung für ihr verlorenes Land gekämpft. Jetzt versuchen sie auf juristischem Wege ihre Rechte einzuklagen, gerade noch rechtzeitig, denn nach dem Gesetz verjähren solche Entschädigungsforderungen nach 12 Jahren (was sie nicht wussten).

Während einer Dorfversammlung im August 2008 wurden die Bewohner des
Gebietes zwischen Ndume und Mwambani über den neuen Hafen informiert und
aufgefordert, innerhalb von sechs Monaten ihre Dörfer zu verlassen. Im Anschluss daran wurden mindestens weitere 120 Häuser für den Abbruch
registriert und gekennzeichnet. Die betroffenen Bewohner warten nun auch
schon seit über einem Jahr auf die versprochenen Entschädigungen für Land
und Häuser. 

Unsicherheiten und soziale Spannungen

 

Diese Situation fördert Unsicherheiten und soziale Spannungen, und die Anwohner berichten auch ueber Landspekulationen durch korrupte Beamte. Früher enteignetes Land sei von Regierungsvertretern an private Investoren weiterverkauft wurden. Eine Delegation eines betroffenen Dorfes protestierte gegenüber Regierungsvertretern gegen diese Praktiken, die Enteignung und ausbleibende Entschädigungen für ihr Land und ihre Häuser (siehe Presseausschnitte unten angefügt).

 

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

 

Das Quastenflosser-Schutzgebiet um die Mwambani-Bucht ist zwar weiterhin erklärtes politisches Ziel, wird aber de facto durch das Hafenprojekt blockiert, das auch die Rechte der lokalen Bevoelkerung erheblich bedroht.

+ Der Planungsprozess ist gekennzeichnet von mangelnder Transparenz und dem Ausschluss der lokalen Bevölkerung und der Hafennutzer und steht damit unter erheblichem Korruptionsverdacht.

+ Nach Expertenmeinung wird der neue Hafen nicht gebraucht, wäre nur unter extrem hohen Kosten technisch machbar und ist damit, abgesehen von den ökologischen Bedenken, auch wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen. Der von der Weltbank finanzierte, aber fachlich nicht betreute Port Master Plan täuscht mit seinen falschen Berechnungen eine Machtbarkeit und Wirtschaftlichkeit nur vor und führt damit das tansanische Kabinett, das Parlament, Entwicklungshilfe-Geber und die Öffentlichkeit in die Irre.

+ Vordringlich und unabhängig vom Bau des Hafens muß die Stellnetzfischerei vor den Inseln Yambe und Karange mit sofortiger Wirkung gestoppt werden.

+ Unabhängig von den Hafenplanungen müsste vordringlich auch der Bestand der Quastenflosser vor Tanga durch eine quantitative Feldstudie ermittelt werden, um überzeugende Daten für die Einrichtung eines Schutzgebietes zu erhalten.

+ Menschenrechts- und Naturschutzorganisationen sollten mit einer internationalen Presse- und TV Kampagne politischen Druck gegen das unsinnige Hafenprojekt aufbauen und für die Rechte der betroffenen Bevölkerung und für das Quastenflosserschutzgebiet eintreten. 

 

 

 

 

 

Tanga: RC warns land officers


Tanga Regional Commisioner Mohamed Abdulaziz has warned that he will sack municipal land officers for failure to give adequate report on compensation to `wananchi` ('citizens', Übersetzung hinzugefügt) supposed to shift from Mwambani to pave way for the new port, reports Shariff Athumani and Ramadhani Juma, MUM-Tanga. The RC gave his phone numbers to `wananchi` when called on them to report in case they are dissatisfied with the officers services. ``I am not joking, I want wananchi (citizens) to be paid accordingly,`` said the RC. The valuation exercise for properties of 500 people at Tangasisi has brought a lot of controversy for the past three months causing some villagers to loose faith with land officers.

Speaking during a meeting with the regional authorities, the villagers said their reluctance came after land officers sold their property without their consent. `Honourable RC we feel that there is no point to talk with municipal planners because they have been conning us by selling our plots of land to foreigners,`` said Mbwana Paulo.

(Quelle: The Guardian, 17.12.08)

 

 

Tanga residents seek compensation

 

The Gardian 20.5.09, p.4, By Lulu George, Tanga

Tanga residents have faulted city authorities for not clarifying their fate after they ordered them to vacate Ndumi area for construction of a new port. Ndumi area residents raised the concern to legislator Bakari Mwapachu who was on a tour to inspect development activities. They said it had taken a long time since they were ordered to vacate the area, but they were yet to be compensated for their properties.

 "In principle, we are supposed to be compensated in six months time after the valuation of our houses and farms were completed," said Ramadhan Jawa, a Tangasisi ward executive officer, in a speech he read to the MP. He said although the evaluation process had been completed, the city planning office was yet to effect compensation. "It has taken so long after valuation of our properties was done, and yet we have not been compensated. We have got to vacate the area for port construction, but to this moment no one has yet said anything about our fate," he told Mwapachu. Asked to respond to the query, acting city planning officer Amurike Mahenge urged the residents to stay calm, promising that everything would be settled within the next three weeks.