24.04.09

Zum 100. Geburtstag: Bernhard Grzimek - ein Leben für die Tiere


Grzimek

Am heutigen Freitag, den 24. April, wäre Prof. Bernhard Grzimek, der Wegbereiter der modernen Ökologie 100 Jahre alt geworden. Als es den Begriff Umweltschutz noch gar nicht gab, warb der Visionär unermüdlich und erfolgreich dafür, Wildtiere zu schützen.

 

Er wirkte seriös und glaubwürdig, sein Outfit recht bieder. Doch Bernhard Grzimek war sehr viel mehr als der nette, gemütliche Fernseh-Onkel für Millionen deutscher Zuschauer. Seine Sendung "Ein Platz für Tiere" lief in 175 Folgen fast drei Jahrzehnte lang und erreichte Traum-Einschaltquoten von 70 Prozent - die erfolgreichste Dokumentarserie der Fernsehgeschichte. Grzimek war Showman und perfekter Selbstdarsteller. Immer begleitete ihn ein mehr oder weniger exotisches Tier ins Studio: Gorillas, Geparden, ein Wüstenfuchs oder ein Fischotter. Und immer stand für ihn im Vordergrund, Werbung für den Schutz der Tierwelt zu machen. "Bernhard Grzimek war Vorreiter für den modernen Arten- und Umweltschutz", sagt Olaf Behlert, Tierarzt und Elefanten-Kurator im Kölner Zoo. "Er konnte auch hervorragend mit den Regierungen verhandeln. Ohne ihn wäre die Serengeti heute eine Rinderfarm."

 

Serengeti darf nicht sterben

 

Bernhard Grzimek und die Serengeti - eine untrennbare Einheit. Heute ist dieses Savannen-Gebiet, das sich vom Norden Tansanias bis nach Süd-Kenia erstreckt, mit fast 15.000 Quadratkilometern einer der größten und bekanntesten Nationalparks der Welt. 1959 drehte Grzimek hier seinen erfolgreichen und Oscar-prämierten Dokumentarfilm "Serengeti darf nicht sterben". Mit diesem Film habe Grzimek das Bewusstsein in der Bevölkerung geschaffen, sagt Olaf Behlert, "dass man sich draußen um die Wildtiere kümmern muss, weil diese fantastische Tierwelt sonst verloren geht." Doch die Dreharbeiten waren von einer Tragödie überschattet: Grzimeks Sohn Michael stürzte am letzten Arbeitstag ab, als ein Geier gegen die Tragfläche seines Flugzeugs prallte. Bernhard Grzimek überwand diesen Schicksalsschlag nie, seine Ehe zerbrach daran. Er ließ sich scheiden und heiratete 19 Jahre nach dem Tod seines Sohnes dessen Witwe Erika.

 

Leidenschaftlicher Zoodirektor

 

Bis 1974 leitete er als Zoodirektor den Tierpark in Frankfurt am Main. Eigentlich hätte er nach dem Zweiten Weltkrieg auf Wunsch der amerikanischen Besatzungsmacht Polizeipräsident werden sollen. Doch er winkte ab. Er wollte lieber Zoodirektor werden. "Sind Sie verrückt?", fragte ihn ein Offizier. "Sich um Affen zu kümmern, in einer Stadt, die zu 60 Prozent zerstört ist?" Grzimek blieb bei seiner Entscheidung. Zunächst machte er aus dem Tierpark einen Vergnügungspark für die kriegsgebeutelte Bevölkerung, danach baute er den Zoo sehr erfolgreich wieder auf. Grzimek, meint Olaf Behlert, habe eine Verbindung zwischen der Natur draußen, den Wildtieren und den Zoos geschaffen: "Und für mich persönlich ist die Hauptbedeutung des Zoos immer noch die, dass hier die Stellvertreter der Tiere leben, die es draußen zu erhalten gilt."

 

Wegbereiter der modernen Ökologie

 

Für Olaf Behlert war Bernhard Grzimek ein persönliches Idol: "Erst einmal war er der Grund, warum ich Zootierarzt geworden bin. Und er war sicher die Figur, die das ganze Bewusstsein für Arterhaltung, für Naturschutz allgemein, populärwissenschaftlich bekannt gemacht hat". Denn Grzimek ging es nicht nur darum, über die "possierlichen" Tiere - wie er sie gerne beschrieb - zu reden. Er kritisierte auch das massenweise und brutale Robbenschlachten in Kanada und löste weltweite Empörung aus. Er prangerte die Massentierhaltung von Schweinen, Rindern und Legebatterie-Hühnern an und wetterte gegen Delikatessen wie Froschschenkel oder Schildkrötensuppe und natürlich gegen die Tierpelzzucht.

 

Selbstdarsteller mit skurrilen Marotten

 

Bernhard Grzimek frönte einer manchmal recht eigenartigen Sorte Humor: So steckte er während eines feierlichen Banketts in Simbabwe  seiner Tischnachbarin eine lebende und, wie es heißt, recht große Gottesanbeterin in den Ausschnitt. Die Dame fiel in Ohnmacht. Er soll künstliche Hundehaufen als allgegenwärtige Scherzartikel geliebt haben und besaß eine Marotte, die jeder, der ihn begleitete, hinnehmen musste. So erzählt sein heute 50-jähriger Enkel Christian: "Als wir jung waren, war uns teilweise schon peinlich, mit ihm essen zu gehen. Denn er hat in jedem Restaurant, indem er war, die Toilettenanlagen mit Aufklebern der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt voll geklebt. Selbst vor den Damentoiletten machte er nicht halt."

 

Bernhard Grzimek hätte seinen Tod nicht besser wählen können: Während einer seiner geliebten Zirkusvorstellungen, mitten in der Tigerdressur brach er tot zusammen. Das war am 13. März 1987, Bernhard Grzimek wurde 77 Jahre alt. Die Urne mit seiner Asche wurde neben dem Grab seines Sohnes Michael im Ngorongoro-Krater in Tansania beigesetzt.

 

Autorin: Judith Hartl

Redaktion: Dеnnis Stutе

 

Aus: "Deutsche Welle" vom 24.4.2009