Stile der Makonde-Schnitzkunst

Ujamaa-Skulpturen

Das Wort "Ujamaa" bedeutet Großfamilie, Gemeinschaft. Ujamaa-Skulpturen, oft auch "Lebensbaum" genannt, stehen für den Zusammenhalt der afrikanischen Großfamilie. Jedes einzelne Mitglied der Gemeinschaft ist Teil des Ganzen und wird gleichzeitig auch vom Ganzen unterstützt. Ohne Gemeinschaft, so die Aussage, kein Überleben. Von christlicher Seite wird in diesem Zusammenhang immer an das Paulinische Wort erinnert: "Einer trage des anderen Last, so erfüllt er das Gebot Christi".

In manchen Ujamaa-Skulpturen sind aber auch einzelne Figuren zu sehen, die auf den Kopf gestellt sind. Sie symbolisieren die Ahnen der Großfamilie, sie gehören immer noch zur Gemeinschaft und üben auch weiterhin einen großen Einfluß auf das Leben der Familie aus.

Ujamaa-Figuren nehmen aber auch Bezug auf den Ujamaa-Gedanken des im Herbst 1999 verstorbenen Staatsgründers Julius K. Nyerere. Der Zusammenhalt der Stammesgemeinschaft, die kollektive Verantwortung für das Wohlergehen der Gemeinschaft waren die zentrale Ideologie Nyereres und standen im Mittelpunkt seiner (gescheiterten) Vorstellung des afrikanischen Weges zum Sozialismus.

Auch wenn die Ujamaa-Figuren Schöpfungen der letzten Jahrzehnte sind, so nehmen sie doch auch Bezug zur Geschichte: Die Makonde kennen eine Art Baumkult, sogenannte Seelenbäume.

Als Schöpfer des Ujamaa-Stils gilt der Schnitzer Roberto Jacobo. Bedeutende Vertreter dieses Stils sind auch Pajume Alale, der viele überdimensionale Ujamaa-Skulpturen schnitzte, und Clementi Matei.

Shetani-Skulpturen

Als "Erfinder" des Shetani-Stils gilt der 1989 verstorbene Altmeister Samaki Likanguo. Er erzählte in einem Fernsehinterview, dass dieser neue Stil angeblich einem Zufall entsprang: Auf dem Wege zu seinem indischen Händler wurde versehentlich eine realistische Figur beschädigt - als Shetani (=Teufels)figur konnte er sie dann doch dem Händler verkaufen. Seitdem, so Samaki, gibt es Shetani-Figuren.

Gute und böse Geister hat es bei den Makonde (wie auch bei vielen anderen Völkern) schon immer gegeben.

"Die Schnitzer, die an die Kraft der Shetani glauben, meinen, diese Wesen hätten eine kurze Lebensdauer, ihre Zahl nähme zu und sie seien verantwortlich für das Böse der Welt. Häufig verbergen sich hinter den Bildhauer-Themen mehrere Geistwesen gleichzeitig. Oft sind sie auch gefräßig. Aber nicht alle sind gefährlich, sondern treiben Schabernack oder verstecken sich. Panga-Panga ist bei den Makonde das Geistwesen des Dschungels, das Fruchtbarkeit und Wohlstand bringt. Nach der Größe werden die Majini mit kurzen Beinen von den großen Shetani unterschieden. Die guten Geister sind oft am sanften, großen Auge zu erkennen; es gibt aber auch die aggressiven und bösartigen geister. Spielende Shetani bedeuten stets ein gutes Omen." (Helke Kammerer-Grothaus)

Abstrakte Skulpturen

Als jüngste Stilrichtung setzt sich zunehmend auch der abstrakte Stil durch - zeitweilig in Verbindung mit dem Ujamaa-Stil oder dem Shetani-Stil. Fast immer sind jedoch im abstrakten Stil Elemente aus der Glaubenswelt und dem Alltagsleben der Makonde zu erkennen.